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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 13.05.2002
Aktenzeichen: 1 Ws 389/02
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 119 III
Der Anspruch eines ausländischen Untersuchungsgefangenen auf Korrespondenz in fremder Sprache mit seiner deutschen Partnerin besteht nicht unbeschränkt. Er kann im Hinblick auf den mit einer effektiven Postkontrolle verbundenen Übersetzungsaufwand eingeschränkt werden.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 1 Ws 389/02

In der Strafsache

wegen: schweren Raubes, gewerbsmäßigen Betäubungsmittelhandels und schweren Diebstahls

hier: Briefkontrolle

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht von Tzschoppe, den Richter am Oberlandesgericht Summa und die Richterin am Oberlandesgericht Hardt am 13. Mai 2002 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Untersuchungsgefangenen gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 5. Strafkammer des Landgerichts Trier vom 02. März 2002 wird mit der Maßgabe auf seine Kosten als unbegründet verworfen, daß ihm alternativ zu der ihm möglichen unbeschränkten Korrespondenz in deutscher Sprache gestattet wird, pro Woche einen in italienischer Sprache abgefaßten, eine DIN A4-Seite langen und in für Dritte gut lesbarer Schrift geschriebenen Brief an seine (deutsche) Lebensgefährtin zu senden.

Gründe:

Die angefochtene Entscheidung ist nach Maßgabe der im Beschlußtenor des Senats enthaltenen Ergänzung nach § 119 Abs. 3 StPO gerechtfertigt.

Der Zweck der Untersuchungshaft und die Ordnung in der JVA erfordern grundsätzlich die Kontrolle des Briefverkehrs von Untersuchungsgefangenen durch den nach § 126 StPO zuständigen Richter (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 119 Rdnr. 20 m. w. N.). Der Vollzug der Untersuchungshaft ist allerdings von vornherein nur mit beschränkten sachlichen Mitteln möglich, so daß sich schon aus der Natur der Sache unvermeidliche Beschränkungen ergeben (BVerfG NJW 76,1311), die vom Untersuchungsgefangenen Einordnung und auch Verzicht verlangen (Löwe-Rosenberg, StPO, 23. Aufl., § 119, Rdnrn. 2,3,35; OLG München NStZ 84,332). Jeder Verhaftete ist verpflichtet, seine Korrespondenz möglichst in Deutsch zu führen, um eine reibungslose Briefkontrolle zu ermöglichen. Führt er seinen Briefverkehr mit einem ebenfalls der deutschen Sprache in Wort und Schrift mächtigen Adressaten gleichwohl in einer Fremdsprache, stellt dies einen Mißbrauch seines sich aus Art. 5 Abs. 1 GG ergebenden Rechts dar, mit anderen zu korrespondieren (OLG Düsseldorf NStZ 94,559). Der Strafkammervorsitzende hat den fremdsprachigen Schriftwechsel mit 28 Briefen des Beschwerdeführers an seine Partnerin innerhalb von fünf Wochen daher zu Recht beanstandet. Behauptet der Untersuchungsgefangene, wie hier, er könne auf deutsch "nichts schreiben" (Bl. 204) bzw. er sei "der deutschen Sprache nur in mündlicher und nicht in schriftlicher Form mächtig" (Verteidigerschriftsatz vom 21. 03. 2002), ist dem dadurch Rechnung zu tragen, daß er zwar in seiner Muttersprache schreiben darf, die in fremder Sprache geführte Korrespondenz jedoch auf ein Maß reduziert wird, das die Entstehung unverhältnismäßig hohen Kontrollaufwandes durch ständigen Anfall von Übersetzungskosten ausschließt (OLG München aaO.). Anspruch auf unbeschränkte Korrespondenz in fremder Sprache mit seiner deutschen Partnerin hat der Beschwerdeführer jedenfalls nicht (OLG Braunschweig NStZ 97,74; OLG Stuttgart MDR 73,335).

Der Senat ist in Anlehnung an OLG München und OLG Stuttgart (jeweils aaO.) der Auffassung, daß der Kernbereich des Grundrechts noch nicht angetastet wird, wenn der Umfang des fremdsprachigen Briefverkehrs des Beschwerdeführers mit seiner ebenfalls in Trier lebenden deutschen Partnerin, mit der er zudem auch telefonischen und Besuchskontakt pflegt bzw. pflegen kann, auf eine DIN A4-Seite pro Woche beschränkt wird. Dies auch im Hinblick darauf, daß der erneute Beginn der Hauptverhandlung für August 2002 geplant und damit ein alsbaldiger Verfahrensabschluß zu erwarten ist, der mit einem Wegfall der Postkontrolle verbunden sein wird. Im übrigen hat der Beschwerdeführer bis dahin auch weiterhin die Möglichkeit, mit seiner deutschen Lebensgefährtin zusätzlich unbegrenzt auf deutsch zu korrespondieren, auch wenn ihm dies nur in fehlerhafter Form möglich wäre. Daß er, wie er behauptet, auf deutsch überhaupt "nichts schreiben" kann, nimmt der Senat dem Beschwerdeführer, der die deutsche Sprache jedenfalls "in mündlicher Form" beherrscht (Verteidigerschriftsatz vom 21. 03. 2002), seit 1995 in Deutschland lebt, Beziehungen zur deutschen Frauen auch schon vor seiner (mit ihm seit vier Jahren bekannten) jetzigen Partnerin hatte, mit einer dieser Frauen eine fünfjährige, in Deutschland geborene Tochter hat, zuletzt bei einer deutschen Baufirma beschäftigt gewesen ist und von der JVA Trier bescheinigt bekommen hat, daß eine Verständigung in deutscher Sprache mit ihm "gut möglich" sei (Blatt 80), nicht ab.

Da mit der vom Senat ausgesprochenen Ergänzung auch kein teilweises Obsiegen des Beschwerdeführers verbunden ist, fallen ihm die Rechtsmittelkosten insgesamt zur Last (§ 473 Abs. 1 StPO).

Ende der Entscheidung

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